Interfraktioneller Änderungsantrag zum TOP „Braunschweigs Weg für einen besseren Radverkehr“ – Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“

Beschlussvorschlag:
1. Der Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“ wird als zentrale Arbeitsgrundlage der Verwaltung für Radverkehrsplanungen beschlossen.

2. Die in dem Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“ definierten sieben Ziele bilden den zukünftigen Orientierungs- und Entscheidungsrahmen für Rat und Verwaltung im kommunalen Handlungsfeld „Radverkehr“ und dienen als Richtschnur für das zukünftige Verwaltungshandeln.

3. Zur Erreichung der genannten Ziele soll die Rahmenplanung als Teil des Mobilitätsentwicklungsplans mit einer möglichst detaillierten Finanzplanung bis zum 30. Juni 2023 abgeschlossen werden.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, die im Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“ beschriebenen Projekte und Maßnahmen, teilweise in Kooperation mit anderen Akteuren, sukzessive bis zum Jahr 2030 umzusetzen.

5. Für die Umsetzung der einzelnen Projekte und Maßnahmen sind ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen einzuplanen, damit diese Ziele bis 2030 erreicht werden.

6. Die Verwaltung wird beauftragt, über die Zielerreichung und den Stand der Umsetzung der Maßnahmen jährlich zu berichten.

7. Die Verwaltung wird beauftragt, im Zusammenwirken mit den Radverbänden noch im Jahr 2020 eine konkrete Veloroute als erstes Pilotprojekt auszuwählen. Die notwendigen Planungsmittel sind in den Haushaltsplan 2021 einzustellen.

8. Der Planungsauftrag für die im Ziele- und Maßnahmenkatalog unter Nummer 8.1 beschriebene Maßnahme zur Uferstraße/Feuerwehrstraße ist noch im Jahr 2020 zu erteilen.

Sachverhalt:
Am 20. Februar 2020 hat die Initiative Fahrradstadt Braunschweig das Bürgerbegehren „Radentscheid“ offiziell bei der Stadt Braunschweig angezeigt (Vorlage 20-13007) und einen Antrag auf Vorprüfung gestellt. Die Stadtverwaltung hat das Begehren bereits im Rahmen dieser rechtlichen Vorprüfung für überwiegend unzulässig erklärt (Vorlage 20-13283).

Bürgerbegehren sind in § 32 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) geregelt. Auf diesen Paragrafen wird im Folgenden Bezug genommen.

Im Sprachgebrauch des Gesetzes ist ein Bürgerbegehren zulässig (d. h. erfolgreich), wenn die dort in den Absätzen 2, 4 und 5 sowie in Absatz 3 Sätze 1 bis 3 genannten Voraussetzungen vorliegen. Damit ein Bürgerbegehren zulässig ist, muss es neben den in der Vorprüfung bereits geprüften Voraussetzungen zusätzlich unter anderem von 5 Prozent der Braunschweiger wahlberechtigten Einwohner*innen unterzeichnet sein. Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid herbeizuführen (Abs. 6 Satz 4).

Um die Intention für den vorliegenden Änderungsantrag zu verdeutlichen, wird auf die Kommentierung von Wefelmeier zu Absatz 6 Satz 5 verwiesen. Dort heißt es (z. T. sinngemäß) für den Fall eines zulässigen Bürgerbegehrens, das also alle genannten Voraussetzungen erfüllt:

Gemäß Absatz 6 Satz 5 kann der Rat, statt einen Bürgerentscheid herbeizuführen, diesen dadurch abwenden, dass er einen Beschluss fasst, der vollständig oder im wesentlichen Sinne dem Bürgerbegehren entspricht. In diesem Fall hat das Bürgerbegehren sein Ziel erreicht, sodass es der organisationsaufwändigen und Kosten verursachenden Durchführung des Bürgerentscheids nicht bedarf.

Von der Abwendungsbefugnis wird in der Praxis nicht unerheblich Gebrauch gemacht. Dies gilt nicht nur für den gesetzlich erfassten Fall eines schon zulässigen Bürgerbegehrens, vielmehr haben sich in der Praxis unterschiedliche Formen von „Entsprechensbeschlüssen“ herausgebildet, die häufig schon vor der Entscheidung über die Zulässigkeit des Begehrens ansetzen. Solche Entscheidungen oder auch Kompromisse zwischen dem Rat und Vertreter*innen bzw. Initiator*innen des Bürgerbegehrens sind nicht nur zulässig, sondern wünschenswert, denn sie erfüllen den mit der Einführung von Bürgerbegehren/Bürgerentscheid gewünschten Zweck, den Dialog zwischen Bürger*innen und kommunalen Organen zu fördern. Ist das Bürgerbegehren allerdings zugelassen, kann die Pflicht zur Durchführung des Bürgerentscheids nicht deswegen entfallen, weil sich der Rat mit den Vertreter*innen des Begehrens über eine Kompromisslösung verständigt hat. Die Regelungen über die Durchführung des Bürgerentscheids sind zwingendes Recht, das nicht zur Disposition der Beteiligten steht…

Nach weiteren detaillierten Ausführungen zum Bürgerbegehren weist der Kommentator abschließend darauf hin, dass die Gefahr eines missbräuchlichen „vorgreifenden“ Ratsbeschlusses mit der Absicht, den Bestandsschutz des Bürgerentscheids zu unterlaufen, als gering anzusehen sei, da ein derartiges Vorgehen spätestens bei der nächsten Wahl nachteilige Konsequenzen haben könnte (Wefelmeier in KVR-NKomVG § 32 Rn. 120-124).

In einer Arbeitsgruppe aus Ratsmitgliedern und Vertreter*innen der Initiative Fahrradstadt Braunschweig, die das Bürgerbegehren Radentscheid initiiert hat, ist seit der Ratssitzung am 19. Mai 2020 der beigefügte Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“ erarbeitet worden mit dem Ziel, einen Kompromiss in Bezug auf das Bürgerbegehren im Sinne des o. g. Kommentars zu erreichen und eine Einigung zwischen der Initiative Fahrradstadt, weiteren Verbänden und der Stadt Braunschweig im Sinne einer besseren Radverkehrsförderung zu erzielen. Der Ziele- und Maßnahmenkatalog bildet den Kern dieses Änderungsantrags.

Die weitere Begründung erfolgt mündlich.

Anlagen: Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“

Download: Interfraktioneller Änderungsantrag