Anfrage der SPD-Fraktion: Zulässigkeit von PV-Anlagen in alten B-Plänen bei Ausschluss von Nebenanlagen gemäß § 14 BauNVO

Sachverhalt:
Photovoltaikanlagen können ohne Bauantrag auf Hausdächern montiert werden und sind daher im privaten Bereich die wohl beliebteste Lösung für regenerative Energieanlagen. Wenn aber das Dach aus statischen Gründen nicht genutzt werden kann, können auf dem jeweiligen Grundstück andere geeignete Standorte zum Aufbau der PV-Elemente in Frage kommen. Diese anderen Standorte sind unter Umständen nicht genehmigungsfrei nutzbar, es muss also eine Bauvoranfrage oder ein Bauantrag für die Genehmigung einer baulichen Nebenanlage gestellt werden. Diese Errichtung einer baulichen Nebenanlage (zum Beispiel eine aufgeständerte PV-Anlage) kann in den jeweils lokal anzuwendenden Bebauungsplänen aber ausgeschlossen sein.

Seit dem 29. Juli 2022 ist das Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor in Kraft (EEG 2021). § 2 EEG 2021 regelt seitdem: “Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen der erneuerbaren Energien sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 gilt nicht gegenüber Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung.”

In der Begündung zum Gesetzentwurf heißt es unter anderem:
a) Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien werden in der Regel von Unternehmen oder Privatpersonen mit einer Gewinnerzielungsabsicht errichtet und dienen insofern ihrem wirtschaftlichen Interesse. Da die Anlagen gleichzeitig zur Erreichung der energiepolitischen Ziele dieses Gesetzes sowie der Zielsetzung der Bundesregierung zum Klimaschutz und den Zielsetzungen der Europäischen Union im Energie- und Klimabereich beitragen, liegen ihre Errichtung und ihr Betrieb aber gleichzeitig in einem übergeordneten öffentlichen Interesse.
b) Staatliche Behörden müssen dieses überragende öffentliche Interesse bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern berücksichtigen. Dies betrifft jede einzelne Anlage einschließlich dazugehöriger Nebenanlagen, …
c) Die Definition der erneuerbaren Energien als im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit dienend muss im Fall einer Abwägung dazu führen, dass das besonders hohe Gewicht der erneuerbaren Energien berücksichtigt werden muss. Die erneuerbaren Energien müssen daher nach § 2 Satz 2 EEG 2021 bis zum Erreichen der Treibhausgasneutralität als vorrangiger Belang in die Schutzgüterabwägung eingebracht werden. Konkret sollen die erneuerbaren Energien damit im Rahmen von Abwägungsentscheidungen u. a. gegenüber seismologischen Stationen, Radaranlagen, Wasserschutzgebieten, dem Landschaftsbild, Denkmalschutz oder im Forst-, Immissionsschutz-, Naturschutz-, Bau- oder Straßenrecht nur in Ausnahmefällen überwunden werden.

Die Anfrage bezieht sich auf eine möglicherweise ausnahmeweise Zulässigkeit von Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung in Baugebieten, in denen alte B-Pläne gelten, die die Errichtung von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO grundsätzlich ausschließen. Durch die ausnahmsweise Zulassung könnte Eigentümerinnen und Eigentümern von Häusern, deren Hausdächer den Ausbau mit PV-Anlagen nicht zulassen, erleichtert werden, einen Beitrag zum Ausbau der regenerativen Energien zu leisten.

Als Beispiel zum Sachverhalt seien hier Formulierungen aus dem B-Plan QU40 von 1964 angeführt:

QU40: Abschnitt II. Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubare Grundstücksflächen

Satz 3:
„Außerhalb der ausgewiesenen Grundflächen für bauliche Anlagen dürfen keine Nebenanlagen im Sinne des § 14 der Baunutzungsverordnung und bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht im Bauwich* oder in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können (z. B. Garagen), errichtet werden.“

*) Bauwich: Bei einem Bauwich handelt es sich um den seitlichen Abstand eines Gebäudes von den Nachbargrenzen, welche aus Gründen des Brandschutzes sowie des nachbarlichen Lichtbedarfs eingehalten werden müssen.

Der im B-Plan QU40 angesprochene § 14 BauNVO hat sich seit 1964 mehrfach geändert. Zu einem dem Anfragesteller unbekannten Zeitpunkt wurde die BauNVO auch um Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung ergänzt.

Die zitierte Formulierung im QU40 schließt Anlagen und Nebenanlagen, die nach § 14 BauNVO zulässig sein können, grundsätzlich aus. Dies ist laut BauNVO § 14 Abs. 1 Satz 3 auch zulässig. Zur Erläuterung ist hier ein Auszug aus der BauNVO angeführt:

§ 14 Abs. 1 Satz 1:
Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen.

§ 14 Abs. 1 Satz 3:
Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

§ 14 Abs. 3:
Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird.

In diesem Zusammenhang fragen wir an:

1. Wie werden Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung (z. B. aufgeständerte PV-Anlagen ähnlich Freiflächen-PV bis ca. 10 kWp) in alten B-Plänen (z. B. QU40) und altem § 14 BauNVO heute eingeordnet?

2. Was muss getan werden, damit Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung (wie z. B. aufgeständerte PV-Anlagen) auf einem Grundstück, für das ein B-Plan ähnlich QU40 gilt, ggf. ausnahmsweise zulässig sind? Dies auch im Hinblick darauf, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien laut EEG 2021 im überragenden öffentlichen Interesse liegt sowie der öffentlichen Sicherheit dient und daher eine Abwägung dazu führen sollte, dass das besonders hohe Gewicht der erneuerbaren Energien berücksichtigt werden muss.

3. Wie müsste eine allgemeingültige Regelung aussehen mit dem Ziel, Anlagen zur Erzeugung von regenerativer Energie grundsätzlich als ausnahmsweise zulässig einzuordnen, auf die sich Bauwillige bei Bauvoranfragen oder Bauanträgen in Gebieten, in denen alte B-Pläne ähnlich wie QU40 gelten, in diesem Zusammenhang beziehen können?

Gez. Detlef Kühn

Anlagen:
BauNVO in der Fassung vom 04.01.2023
Bebauungsplan QU40 von 1964

Download: Anfrage der SPD-Fraktion

Download: Stellungnahme der Verwaltung