Ratssitzung am 23. März 2021 – Bericht des Fraktionsvorsitzenden

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, seit ziemlich genau einem Jahr ist nun alles anders, und wir alle sehnen sicherlich immer stärker das Ende der Corona-Pandemie herbei. Dabei bestimmt das Corona-Virus nicht nur viele Bereiche unseres täglichen Lebens, sondern ist natürlich auch Gegenstand des Handelns von Ratspolitik und Verwaltung. Nach kurzer „Schockstarre“ im vergangenen Frühjahr ist der Rat der Stadt Braunschweig mit seinen Ausschüssen schnell wieder in den regelmäßigen Tagungsrhythmus gekommen. Mittlerweile finden digitale, hybride und Präsenz-Sitzungen statt, und somit konnte der Rat am 23. März 2021 in den großzügigen Räumlichkeiten der Stadthalle (wo mittlerweile auch das Impfzentrum Braunschweig untergebracht ist) mit Abstand, Maske und vorherigem Schnelltestangebot zusammenkommen, um unter anderem den Haushalt für das Jahr 2021 zu beschließen. Dabei wurde der Haushaltsplanentwurf für 2021 natürlich nicht nur in dieser Ratssitzung beraten, sondern durchlief – wie immer – vorher alle Bezirksräte, Fachausschüsse und den Verwaltungsausschuss. Neben dem Haushalt werde ich im Folgenden natürlich auch noch einige andere Schwerpunktthemen aus der Ratssitzung ansprechen.

Christoph Bratmann

Haushaltsplan 2021

Die Eckdaten des diesjährigen Haushaltsplans dürften aufgrund der umfangreichen Berichterstattung mittlerweile bekannt sein: Es handelt sich um ein Gesamtvolumen bei den Aufwendungen von 988 Millionen Euro bei Gesamterträgen von rund 879 Millionen Euro. Der Haushalt 2020 wurde übrigens nicht, wie noch im Herbst 2020 unter Corona-Bedingungen befürchtet, mit einem Defizit von 90 Millionen, sondern mit einem Überschuss von voraussichtlich 6 Millionen Euro abgeschlossen. Dabei erweist sich natürlich der kommunale Rettungsschirm des Bundes als hilfreich, um die erheblichen Belastungen der Corona-Pandemie für Städte und Gemeinden abzufedern.

Erstmals flossen in die Haushaltsberatungen auch die Vorschläge der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) ein. Den sogenannten KGSt-Prozess hatten SPD und Grüne bereits vor zwei Jahren auf den Weg gebracht mit dem Ziel der Haushaltsoptimierung und Verwaltungsmodernisierung. Im Rahmen dieses Prozesses wurden nicht nur Einsparvorschläge in Höhe von 25 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre beschlossen, sondern er hat auch sehr deutlich die Grenzen des Sparens im kommunalen Haushalt aufgezeigt.

Als SPD-Fraktion kommt es uns in diesen Krisenzeiten vor allen auf die wichtigen und notwendigen Investitionen an, und diese sind im Haushaltsplan 2021 sowie auch im Investitionsprogramm bis 2024 enthalten. Letzteres setzt mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Euro die aus unserer Sicht richtigen und notwendigen Schwerpunkte: Bildung, Mobilität, Klimaschutz, Gesundheit und Wohnen. Die Tatsache, dass zukunftsweisende Investitionen auch über Kredite finanziert werden, ist dabei keine Braunschweiger Besonderheit, sondern die Regel kommunaler Finanzplanung. Es werden schließlich Werte für die Menschen in dieser Stadt geschaffen, die größtenteils über Generationen Bestand haben und deren Finanzierung sich in dauerhaften Niedrigzinsphasen geradezu anbietet. Schließlich ist weniger die Höhe der Kredite entscheidend, sondern die Zinslast. Somit haben selbst konservative und wirtschaftsliberale Ökonomen zuletzt immer wieder darauf hingewiesen, dass nicht die Kreditverschuldung öffentlicher Haushalte in Deutschland das Problem ist, sondern flächendeckende Unterinvestitionen verbunden mit einem erheblichen Sanierungsstau der öffentlichen Infrastruktur. CDU und FDP haben in diesem Zusammenhang bereits im Vorfeld der Haushaltsberatungen skandalisiert, dass bis zum Jahr 2024 die Summe aus Investitionskrediten, kreditähnlichen Rechtsgeschäften (z. B. PPP-Modelle) und der sogenannten Experimentierklausel auf knapp eine Milliarde Euro anwächst. Die Experimentierklausel ermöglicht es im Übrigen, Bankkredite über die Stadt an städtische Gesellschaften weiterzuleiten, deren Investitionsbedarf in der Haushaltsdebatte auch niemand ernsthaft in Frage gestellt hat. Die Wahlkampfrhetorik von „massiver Überschuldung“ und „dramatischer Abwärtsspirale“ konnte die CDU aber nicht mit überzeugenden Konzepten untermauern. So blieb es bei den Vorschlägen der CDU, einige der Investitionsvorhaben um zwei Jahre zu verschieben und bei jedem Ratsmitglied 40 Euro Aufwandsentschädigung einzusparen. Wie wenig überzeugend es wirkt, wenn man einerseits den Investitionshaushalt skandalisiert, aber andererseits keine wirklichen Lösungsansätze aufzeigt, wurde dann auch in einem sehr deutlichen Kommentar der Braunschweiger Zeitung dargestellt. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass Braunschweig im Hinblick auf die Pro-Kopf-Verschuldung im Vergleich mit Städten ähnlicher Größe bundesweit nach wie vor sehr gut dasteht. Grundsätzlich gilt: Es braucht in diesen Zeiten weder Populismus noch Symbolpolitik, sondern Verantwortungsbewusstsein und Gestaltungskraft!

Somit wurde der Haushalt 2021 dann mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Grünen, P² und natürlich des Oberbürgermeisters beschlossen. Wichtig ist dieser Beschluss im Übrigen auch immer für die Institutionen, Vereine und Verbände, die Zuschüsse beantragt haben und in der Regel auf diese auch angewiesen sind. Diese Verbände leisten in den wichtigen Bereichen Soziales, Jugend, Kultur, Klimaschutz und Sport z. T. seit Jahren mit begrenzten Mitteln sehr wertvolle Arbeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Lebensqualität in unserer Stadt. Uns als SPO-Fraktion war es auch in diesem Jahr wichtig, entsprechende Einrichtungen und ehrenamtliches Engagement zu unterstützen und finanziell zu ermöglichen.

 

Einbeziehung sozialer Belange bei der Aufstellung von Bebauungsplänen

Für die SPD-Ratsfraktion haben unsere planungspolitische Sprecherin Nicole Palm und unsere sozialpolitische Sprecherin Annette Schütze einen entsprechenden Antrag ausgearbeitet, welcher dann zu einem breit getragenen interfraktionellen Änderungsantrag umgewandelt wurde. Ziel ist es, dass bei Bebauungsplänen auch immer die Erkenntnisse aus der integrierten Sozialstrukturplanung frühzeitig im Verfahren berücksichtigt werden. Letztendlich geht es bei der Stadtentwicklung schließlich immer um die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Braunschweigerinnen und Braunschweiger, deshalb war der Beschluss dieses Antrags ein wichtiger Schritt!

 

Impfbeschleunigung

Die CDU-Fraktion wollte sich im Rat als „Impfbeschleuniger“ inszenieren und brachte einen Antrag ein, der im Vorfeld schon öffentlich stark propagiert wurde. Tenor: In Braunschweig solle schneller geimpft werden, u. a. durch längere Öffnungszeiten des Impfzentrums und durch Amtshilfe der Bundeswehr im Impfzentrum. Im Rat machte dann Personal- und Ordnungsdezernent Dr. Thorsten Kornblum deutlich, dass die Vorschläge an der Realität vorbeigehen. Schließlich werde in Braunschweig gerade zügig verimpft, was an Impfstoff da ist. Der limitierende Faktor sei nach wie vor der Impfstoff, und das Impfzentrum könnte die Kapazitäten für mehr Impfungen sehr schnell hochfahren, wenn es denn mehr zu verimpfen gäbe. – Sonntagsöffnungen machen nun mal keinen Sinn, wenn der Impfstoff am Freitag aufgebraucht ist. Das Problem der Impfstoffbeschaffung kann die Stadtverwaltung leider nicht lösen, für dieses sind mit Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Jens Spahn Politikerinnen und Politiker der CDU verantwortlich. Man wünsche sich einen Krisenmanager wie Helmut Schmidt für Braunschweig, hieß es jüngst in einem CDU-Pamphlet. Ich würde mir aktuell eher einen Krisenmanager wie Helmut Schmidt an der Spitze der Bundesrepublik Deutschland wünschen! Der Antrag erwies sich als Rohrkrepierer und wurde unmittelbar nach der Einbringung von der CDU zurückgezogen.

 

Resolution: Solidarisierung mit den Beschäftigten der BHW Plain Bearings GmbH

Große Einigkeit herrschte hingegen bei dem Ziel, das von Schließung bedrohte Gleitlagerwerk in Melverode zu erhalten. Das Werk, besser bekannt unter dem früheren Namen Zollern-BHW, wurde 2019 vom österreichischen Mitbewerber Miba AG übernommen. Für die Fusion war seinerzeit aus kartellrechtlichen Gründen sogar eine Ministererlaubnis notwendig. Diese ist unter anderem auch deshalb erteilt worden, weil der Erhalt aller deutschen Standorte von der Miba AG in Aussicht gestellt wurde. Nun ist man seitens der Miba AG wortbrüchig geworden und will den Standort schließen, nachdem man dessen Patente übernommen hat. Eine Praxis, die man von sogenannten Heuschrecken kennt, aber nicht von seriösen Unternehmen. Auf Bundes- und Landesebene setzen sich die Abgeordneten aus Braunschweig und der Region parteiübergreifend für den Erhalt der 270 Arbeitsplätze am Standort Melverode ein. Als Rat haben wir nur die Möglichkeit, einen Appell an die Verantwortlichen zu richten, was Christiane Jaschinski-Gaus als Ratsfrau und örtliche Bezirksbürgermeisterin für uns übernommen hat.

 

Baulandpolitischer Grundsatzbeschluss

Mit dem baulandpolitischen Grundsatzbeschluss soll die städtische Flächenvorsorge- und Bodenpolitik strategisch an besonderen Rahmenbedingungen und Zielen ausgerichtet werden. Dazu soll die Stadt ein verstärktes Engagement auf dem Grundstücksmarkt zeigen und die Aktivitäten der Bodenpolitik verstärken. Das Thema Bodenpolitik ist natürlich nicht neu, es gewinnt aber aktuell wieder sehr stark an Bedeutung und dies insbesondere in Städten. Flächen für Wohnungsbau oder für soziale, kulturelle, sportliche oder gesundheitliche Zwecke werden knapp, und die städtische Handlungsfähigkeit wird dadurch eingeschränkt. Die Verfügbarkeit von Boden und Flächen wird mehr und mehr zur entscheidenden Frage der Entwicklungsfähigkeit einer Stadt wie Braunschweig. Wir haben der Vorlage deshalb mit Überzeugung zugestimmt, und sie wurde mit großer Mehrheit beschlossen.

Natürlich fand die Ratssitzung unter entsprechenden Corona-Auflagen statt und dauerte bei weitem nicht so lange wie frühere Haushaltssitzungen. Das lag auch daran, dass sich der Großteil der Rednerinnen und Redner in ihren Beiträgen auf das Wesentliche beschränkt haben. Das können wir uns auch gerne nach Ende der Corona-Pandemie beibehalten!

Nun hoffe ich, dass wir alle gesund durch diese schwierige Zeit kommen, und wünsche Ihnen und Euch ein schönes Osterfest und einen optimistischen Start in den Frühling!

Herzliche Grüße

Ihr und Euer Christoph Bratmann