Ratssitzung am 14. Juli 2020 – Bericht des Fraktionsvorsitzenden

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, kurz vor dem Sommerurlaub möchte ich gern noch ein paar Worte über die letzte Ratssitzung an Sie und Euch richten. Auch wenn vieles in diesen Zeiten nach wie vor nicht der uns bekannten Normalität entspricht, so nähern wir uns, zumindest was die Dauer von Ratssitzungen betrifft, wieder Braunschweiger Normalzuständen an. So war die Juli-Ratssitzung nach zahlreichen Tagesordnungspunkten, davon vielen Anträgen, und längeren Debatten um 22:30 Uhr beendet. Der Parlamentarismus hat also die kurze Corona-Schockstarre längst überwunden und ist lebendig wie eh und je. Gut so!

Bei den Themen beschränke ich mich, wie immer, auf das aus meiner Sicht Wesentliche.

 

Salomon Perel ist neuer Ehrenbürger Braunschweigs

Wie bereits zahlreichen Pressemeldungen zu vernehmen war, ist der Rat der Stadt Braunschweig dem Vorschlag von unserem Oberbürgermeister Ulrich Markurth einstimmig gefolgt. Aus Sicht der SPD-Fraktion ist Sally Perel ein sehr würdiger Ehrenbürger, der sich im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus und in seinem Werben für Demokratie, Respekt und Toleranz insbesondere in unserer Region aber auch weltweit einen Namen gemacht hat. Als seine Geschichte vor über 30 Jahren unter dem Titel „Hitlerjunge Salomon“ verfilmt wurde, begann sein öffentliches Engagement in Form von Lesereisen, Preisverleihungen und Vortragsveranstaltungen. Bis heute ist es ihm ein großes Anliegen, sein Wissen und seine Erinnerungen an die jungen Generationen weiterzugeben. Dabei ist er immer wieder an den Ort zurückgekehrt, an dem er die letzten Kriegsjahre unter falschem Namen und in ständiger Todesangst, enttarnt zu werden, verbrachte: nach Braunschweig. Mir sind vor allem eindrucksvolle Auftritte bei Betriebsversammlungen des VW-Werks Braunschweig und seine bewegende Rede bei den Demonstrationen rund um den AfD-Bundesparteitag im letzten Jahr in Erinnerung. Hoffen wir, dass Salomon Perel diese verdiente Ehrung auch bald persönlich in Empfang nehmen kann.

 

Braunschweigs Weg für einen besseren Radverkehr

Der Weg für grundlegende Verbesserungen für den Radverkehr in Braunschweig ist frei, denn der Rat stimmte mehrheitlich für den von der SPD-Fraktion initiierten interfraktionellen Antrag mit dem Titel „Ziele- und Maßnahmenkatalog Radverkehr in Braunschweig“. Dieser entstand, nachdem die Verwaltung das von mehreren Fahrrad- und Mobilitätsverbänden angestrebte Bürgerbegehren „Radentscheid“ im April 2020 für überwiegend unzulässig erklärt hatte. Darauf haben wir als SPD-Fraktion gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern dieser Verbände sowie mit der Ratsfraktion der Grünen eine Arbeitsgruppe gegründet und in zahlreichen Videokonferenzen diesen Antrag erarbeitet. Besonderer Dank gilt an dieser Stelle unseren Fraktionsmitgliedern Nicole Palm, Detlef Kühn und Manfred Dobberphul für ihr Engagement und ihre fachliche Expertise in diesem Prozess.

Im Kern dieses Antrags geht es u. a. um einen Ausbau des Radwegenetzes, mehr Sicherheit für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer (insbesondere an Kreuzungen und im Innenstadtbereich) sowie um das Aufstellen weiterer Fahrradabstellanlagen. Der 14. Juli war also aus Sicht der Mobilität in Braunschweig ein guter Tag, was auch die Vertreterinnen und Vertreter der Mobilitätsverbände so sahen und vor der Stadthalle auf den Beschluss anstießen.

CDU und FDP befürchteten in der Ratsdebatte Nachteile für den städtischen Autoverkehr, und die CDU warf uns gar vor, „vor Lobbyisten eingeknickt zu sein“. Bei diesen „Lobbyisten“ handelt es sich allerdings um Menschen, die sich zum Teil bereits seit Jahrzehnten ehrenamtlich für Verbesserungen im Radverkehr sowie im ÖPNV einsetzen. Das ist aus meiner Sicht aller Ehren wert, und auch, wenn aus unserer Sicht der Pkw-Verkehr in der städtischen Mobilität nach wie vor eine Rolle spielt, so ist die Devise „Vorrang für das Auto“ längst nicht mehr zeitgemäß. Die SPD-Fraktion steht für einen Mobilitäts-Mix im Sinne der Menschen und im Sinne des Klimaschutzes, welchem wir nun wieder ein Stück nähergekommen sind.

 

Städtische Finanzpolitik im Zeichen der Corona-Pandemie

Die Tatsache, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch den Haushalt der Stadt Braunschweig erheblich belasten werden, hatte sich bereits früh abgezeichnet. Mehraufwendungen, z. B. im Bereich des Klinikums oder des Gesundheitsamtes, fallen zusammen mit Steuerausfällen (insbesondere bei der Gewerbesteuer) sowie Einnahmeverlusten bei städtischen Gesellschaften. So hatte der Rat bereits in seiner März-Sitzung einstimmig die Ausweitung der Kreditermächtigung für Liquiditätskredite von 50 Mio. auf 350 Mio. Euro beschlossen.

Nach aktuellem Stand wird die Corona-Pandemie den städtischen Haushalt mit rund 160 Millionen Euro belasten. Dieses wird allerdings abgefedert durch die kommunalen Rettungsschirme auf Bundes- und auf Landesebene, sodass nach derzeitigem Stand eine Belastung um rund 100 Millionen Euro überbleibt. Hilfreich sind hier vor allem die hälftige Übernahme von Gewerbesteuerausfällen durch Bund und Land sowie die dauerhafte Erhöhung der Übernahme der Kosten der Unterkunft für ALG-II-Bezieher von 50 % auf 75 % durch Bund und Land. Letzteres erspart dem städtischen Haushalt immerhin ca. 12 Mio. Euro im Jahr. Mein Fazit: Wir müssen weiterhin solide haushalten und einiges auf den Prüfstand stellen, wobei der aktuelle Prozess der Verwaltungsmodernisierung und Haushaltsoptimierung hilfreich ist. Gegen eine Krise dieses Ausmaßes können wir aber niemals durch drastische Kürzungen ansparen.

 

Weihnachtsmarkt in Corona-Zeiten

Heute schon an Weihnachten denken, war die Devise unserer Ratsfraktion bei Einbringung des Antrags mit dem Titel „Erstellung eines Konzepts zur Durchführung eines Weihnachtsmarkts in Corona-Zeiten“. Der Hintergrund ist ein durchaus ernster: Zum einen ist der Weihnachtsmarkt in unserer Stadt ein alljährliches Stück Lebensqualität, zum anderen ist er für die wirtschaftlich bereits durch Corona arg gebeutelten Schausteller eine immens wichtige Einnahmequelle. Es geht also darum, jetzt bereits Konzepte zu erarbeiten, die die Durchführung eines Weihnachtsmarkts ermöglichen, auch wenn zur Weihnachtszeit nach wie vor Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten sein werden. Die Verwaltung ist hierzu bereits im Kontakt mit dem Schaustellerverband, und wir sind guter Dinge, durch die Initiative unserer wirtschaftspolitischen Sprecherin Annegret Ihbe einen erfolgreichen Prozess angestoßen zu haben.

Klar ist mittlerweile auch, dass man am Ende des Jahres auch weiterhin mit einem Wolters anstoßen kann. Denn der Rat hat mehrheitlich bekräftigt, dass die Stadt auf das Vorkaufsrecht gegenüber der Volksbank BraWo für das Wolters-Gelände verzichtet. Somit steht dem Erwerb des Geländes durch die Bank bei gleichzeitigem Einstieg als Mitgesellschafter der Wolters GmbH nichts mehr im Weg.

Somit wünsche ich nun schöne Sommertage und (wenn möglich) einen schönen Urlaub.

Herzliche Grüße

Ihr und Euer Christoph Bratmann