
„Dabei handelt es sich jedoch mitnichten um eine Ausgrenzung kleinerer Fraktionen oder eine Ungerechtigkeit, wie sie nach dem Artikel im Internet von Lesern unterstellt wurde“, betont Christoph Bratmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig. „Vielmehr korrigiert die Veränderung der Aufsichtsratsgrößen eine bereits existierende Ungerechtigkeit, die das Berechnungsmodell Hare/Niemeyer mit sich bringt: Das Braunschweig-Paradoxon."
Konkret geht es um jene Gesellschaften, in denen insgesamt vier Aufsichtsratsmandate an Vertreter aus den Ratsfraktionen zu verteilen sind. „Durch die Bildung einer Gruppe aus den zwei Ratsmitgliedern der PARTEI und der PIRATEN hat sich das Berechnungsmodell dahingehend verschoben, dass SPD (18 Sitze im Rat), CDU (14 Sitze), Bündnis 90/Grüne (7 Sitze) und AfD (5 Sitze) nach dem Hare/Niemeyer-Modell gleichsam je ein Platz in den Aufsichtsräten zugestanden hätte. Eine Umrechnung des Wahlergebnisses, das die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse nicht ansatzweise korrekt abbildet“, erklärt Bratmann. „Hier musste nachjustiert werden, um dem Bürgerwillen gerecht zu werden. Das ist ein völlig transparenter und nachvollziehbarer Prozess.“
Hintergrund sind Schwächen des Modells Hare/Niemeyer, das laut Niedersächsischer Kommunalverfassung verwendet wird, um aus der Ratszusammensetzung die Anzahl an Ausschuss- oder Aufsichtsratsmandaten zu berechnen. „Das Modell funktionierte gut, solange nicht mehr als drei oder vier Fraktionen im Rat vertreten waren. Jetzt sind es deutlich mehr, und das Modell stößt an seine Grenzen und kann die Verhältnisse nicht mehr in jedem Fall korrekt abbilden. Dass Fraktionen, die deutlich verschiedene Größen haben, in manchen Bereichen gleichgestellt werden, ist nicht nachzuvollziehen. Auch dass die nachträgliche Bildung einer kleinen Fraktion oder Gruppe, die überhaupt nicht am Sitzverteilungsverfahren teilnimmt, einen Einfluss auf den Sitzanspruch einer großen Fraktion hat, ist widersinnig.“
Mit Blick auf die Zukunft deutet Bratmann an, dass eine grundsätzliche Reform des Berechnungsmodells für Aufsichtsrats- und Ausschussgrößen überlegenswert sei: „Wenn das verwendete Berechnungsmodell bereits bei mehr als vier beteiligten Fraktionen Schwächen zeigt, die Zahl der Fraktionen in den Räten aber immer größer wird, dann müssen sich alle Gedenken machen, wie hier korrigiert werden kann.“
Mögliche Ansatzpunkte und einen ausführlichen Hintergrund zur Ausgangslage bei der diesjährigen Konstituierung des Rats finden Sie in der beigefügten Ausarbeitung zum „Braunschweiger Sitzzuteilungs-Paradoxon“, die die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig dazu aktuell erstellt hat.