
Der Oberbürgermeister und die Sozialdezernentin bekundeten bereits im Vorfeld der Ratssitzung die Absicht, einen separaten Tagesordnungspunkt zum Thema „Flüchtlingssituation in Braunschweig“ einzurichten. Dieses wurde allen Fraktionen in schriftlicher Form mitgeteilt und im Verwaltungsausschuss seitens des Oberbürgermeisters auch noch mal bekräftigt.
Anfragen und Tagesordnung
Zum Thema Flüchtlinge gab es zwei Anfragen, und zwar fragte die CDU nach Unterbringungsmöglichkeiten in ehemaligen Baumärkten, und Ratsherr Weidner von der FDP erkundigte sich nach der Möglichkeit, ein mehrsprachiges Lernposter für die Flüchtlinge aufzulegen. Die Verwaltung erklärte hierzu die vielfältigen Aktivitäten zur Unterrichtung von Flüchtlingen auf Landes- und kommunaler Ebene. Darüber hinaus machte die Sozialdezernentin, Frau Dr. Hanke, deutlich, dass Baumärkte als Unterbringungsmöglichkeiten bereits geprüft aber als zu teuer und zu aufwändig in der Herrichtung angesehen wurden.
Weitere Anfragen gab es u. a. zur Internetversorgung in Neubaugebieten, zur Schulkindbetreuung in der Ganztagsschule sowie zur Verkehrssicherheit in Braunschweig. Da die Zeit nicht ausreichte, alle Anfragen im Rat zu beantworten, wird ein Teil davon schriftlich beantwortet.
Aktuelle Flüchtlingssituation in Braunschweig
Nach den Anfragen hatte die Verwaltung den Tagesordnungspunkt zur Flüchtlingssituation eingerichtet. Die CDU hatte dazu einen Antrag gestellt, mit dem Ziel einen ständigen Tagesordnungspunkt zu diesem Thema einzurichten. Da die Verwaltung dies ohnehin tut, war der Antrag eigentlich überflüssig. Die CDU wollte ihren Antrag dennoch nicht zurückziehen und bestand auf Abstimmung, sodass der Antrag mehrheitlich beschlossen wurde. Wenn etwas beantragt wird, das die Verwaltung ohnehin macht, tut das zwar niemandem weh, es macht aber auch wenig Sinn.
Unter dem Tagesordnungspunkt zur Flüchtlingssituation in Braunschweig informierte die Verwaltung zunächst über die Situation rund um die LAB in Kralenriede. Für die SPD-Fraktion habe ich in diesem Zusammenhang nachgefragt, welchen Hintergrund immer wiederkehrende Gerüchte über die Schließung der Supermärkte, eine steigende Zahl von Wohnungseinbrüchen oder gar über organisierte Prostitution im Umfeld der LAB nun wirklich haben. Die Verwaltung machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass sie in regelmäßigem Kontakt zur Polizei steht und dass diese zwar einen Anstieg von Diebstahldelikten verzeichnen kann, die genannten Gerüchte aber jeglicher Grundlage entbehren. Einen signifikanten Anstieg der Kriminalität in Kralenriede gibt es nicht. Allerdings gibt es häufiger Einsätze auf dem Gelände der LAB aufgrund von Konflikten der Bewohner untereinander. Dieses scheint angesichts der übermäßigen Belegung aber auch nicht ungewöhnlich.
Darüber hinaus wurde natürlich die aktuelle Entwicklung thematisiert, nach der Braunschweig nun auch dauerhaft Flüchtlinge aufnehmen muss. Dazu war allen Fraktionen am Vortag ein Schreiben des Niedersächsischen Städtetages zugegangen. Darin wurde nachvollziehbar erläutert, warum die Kommunen mit einer LAB zukünftig auch dauerhaft Flüchtlinge aufnehmen müssen. Dazu muss der Schlüssel für die Verteilung der Flüchtlinge auf die niedersächsischen Kommunen überarbeitet werden. Am Beispiel der Stadt Braunschweig nahm der Städtetag eine Neuberechnung vor, die von völlig unzutreffenden Voraussetzungen ausging. So werden aus der LAB in Kralenriede nur 1200 Flüchtlinge regulär und weitere 1300 in Notunterkünften für Braunschweig angerechnet. Die Beispielrechnung kommt dadurch im Ergebnis zu einer aus unserer Sicht zu hohen Verteilquote für Braunschweig. Die SPD-Fraktion steht selbstverständlich zu der Verantwortung, auch in Braunschweig dauerhaft Flüchtlinge aufzunehmen. Es ist aber gerade auch im Interesse der Flüchtlinge, dass bei ihrer Verteilung auf die Kommunen deren Leistungsfähigkeit angemessen berücksichtigt wird.
Hierzu haben wir kurzfristig einen Antrag eingebracht, der die Verwaltung auffordert, in Gesprächen mit dem Land für einen angemessenen Verteilerschlüssel zu sorgen. Darüber hinaus soll das Verfahren der Suche nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in Braunschweig transparent geschehen, und der Rat sowie die Bezirksräte sollen frühzeitig informiert und mit einbezogen werden. Insbesondere ging es uns darum, dass sozial ohnehin schon benachteiligte Stadtteile mit bereits bestehenden Herausforderungen im Bereich der Integration bei der Standortsuche ausgespart werden. Denn gute Bedingungen für die Integration von Flüchtlingen zu schaffen, beginnt bei der Unterbringung. Anders als in der LAB werden diese Menschen dauerhaft hier bleiben, und deshalb gilt es, sie von Anfang an adäquat unterzubringen und z.B. eine Ghettobildung zu vermeiden.
CDU und Linke reagierten auf unseren Antrag mit Änderungsanträgen. Während die CDU den Oberbürgermeister auffordern wollte, dafür zu sorgen, dass Braunschweig gar keine weiteren Flüchtlinge über die LAB hinaus aufnehmen muss, wollten die Linken, dass der Rat seine Willkommensbereitschaft gegenüber dem Land kundtut. Ersteres ist unrealistisch und letzteres überflüssig, denn Willkommensbereitschaft sollten wir gegenüber den Menschen, die zu uns kommen signalisieren, nicht gegenüber der Landesregierung. Elke Flake von den Grünen hielt es für verwerflich, dass es überhaupt hierzu Anträge gibt. Sie erklärte sinngemäß, dass es egal sei, ob unserer Stadt nun 500 oder 1500 Flüchtlinge zugewiesen werden, schließlich würden wir das schon schaffen. Angesichts der Tatsache, dass diese Flüchtlinge bereits in den nächsten Monaten zu uns kommen und die Verwaltung schnellstmöglich Wohnraum bei einem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt schaffen muss, teilten wir diese Ansicht nicht.
Oberbürgermeister Ulrich Markurth machte klar, dass er in dauernden Gesprächen mit dem Land steht, um eine der Leistungsfähigkeit der Stadt angemessene Anzahl der Flüchtlinge, die uns zugewiesen werden, zu erreichen. Nachdem darüber hinaus erklärt wurde, dass die Ergebnisse der Standortsuche noch in diesem Jahr dem Rat, den Bezirksräten und auch der Öffentlichkeit vorgestellt werden, waren wir bereit, unseren Antrag zurückzuziehen. Dies taten dann auch CDU und Linke, und alle signalisierten ihr Vertrauen in den Oberbürgermeister und die Verwaltung, im Sinne des Rates das Richtige zu tun.
Dies war aus unserer Sicht erfreulich, denn in der letzten Ratssitzung wurde der Verwaltung insbesondere von der CDU noch Untätigkeit vorgeworfen. Im Ergebnis haben wir durch unseren Antrag dem Oberbürgermeister die Gelegenheit gegeben, in dieser wichtigen Frage für Geschlossenheit zu sorgen.
Nach diesem intensiv diskutierten Tagesordnungspunkt ging es dann recht schnell voran. Zunächst wurden die Weichen für eine vierte Kindertagesstätte in Lamme gestellt, die erforderlich wird, weil Lamme nun mal erfreulicherweise weiter wächst. Diskutiert wurde nach etlichen einstimmigen Ratsbeschlüssen noch über die Fortführung des Nachtlinienverkehrs. Welcher nach der von uns beantragten Probephase nun in etwas abgespeckter Form dauerhaft eingerichtet wird. Eine Stadt wie Braunschweig braucht aus unserer Sicht am Wochenende auch nachts ein ÖPNV-Angebot, und wir werden aufpassen, dass dies keiner Haushaltsstreichliste zum Opfer fällt.
Die Abstimmung über den Bebauungsplan Gieselweg/Harxbütteler Straße, welcher die Erweiterungspläne der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec betrifft, verlief ohne weitere Debatte. Der Bebauungsplan wurde bereits im Juli im Rat beschlossen. Zwischenzeitlich musste aus rechtlichen Gründen die Begründung überarbeitet werden, was einen erneuten Beschluss erfordert. Obwohl sich am B-Plan nichts geändert hat, stimmten nun auch die Grünen zu, die ihn im Juli noch abgelehnt hatten. Das war zwar inkonsequent aber vernünftig.
Anträge der Fraktionen
Insgesamt lagen sechs Anträge der Fraktionen vor, von denen zwei (zur Radwegebeschilderung und zur Genehmigung von Konditionierungsanlagen atomarer Abfälle) in die Fachausschüsse überwiesen wurden.
Einen Antrag der Linken auf Wiedereinführung der Zweckentfremdungsverordnung (diese soll Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern und wird auf Landesebene beschlossen) haben wir abgelehnt, da aktuell unklar ist, ob es hierfür Bedarf gibt, und da genau hierüber Gespräche zwischen Land und Kommunen stattfinden, die zunächst abzuwarten sind.
Darüber hinaus hatten die Linken einen Antrag unter dem Titel „Grundrechte gelten auch in Braunschweig“ gestellt, der die Tatsache, dass am 9. November eine „Bragida“-Demo in Braunschweig stattgefunden hat, kritisiert und die Verantwortung dafür bei der Verwaltung sieht. Schon in der Vergangenheit hat Udo Sommerfeld von den Linken so getan, als könne die Verwaltung politisch bewerten und daraufhin entscheiden, wer hier demonstrieren darf und wer nicht. Es geht aber ausschließlich um einen Rechtsanspruch auf Demonstrationen und um Sicherheitsaspekte. Da „Bragida“ weder verboten noch als verfassungsfeindlich eingestuft ist, müssen wir deren Versammlungen ertragen, schließlich gelten Grundrechte tatsächlich auch in Braunschweig. Wir haben daher diesen Antrag abgelehnt und stattdessen einem Antrag der Grünen zugestimmt, dass wir die oft fremdenfeindlichen und hetzerischen Inhalte der „Bragida“- Bewegung ablehnen und verurteilen. Erfreulicherweise handelt es sich hier nur um ca. 30 bis 40 Personen.
Am Ende wurde einstimmig ein interfraktioneller Antrag von CDU, SPD und Grünen beschlossen, der das Land auffordert, die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV in der Region (also im Gebiet des Zweckverbands Großraum Braunschweig) deutlich zu erhöhen um z. B. eine bessere Taktung beim Schienenverkehr zu ermöglichen. Dies ist auch einer jahrelangen Ungleichbehandlung gegenüber Hannover geschuldet. Wir sind im Land in guten Gesprächen dazu, aber da nichts von alleine kommt, ist ein geschlossenes Signal des Rates der Stadt Braunschweig hilfreich.
Soweit mein Bericht aus der vorletzten Ratssitzung dieses Jahres. Nach der Dezembersitzung werde ich mich dann nochmal melden.
Herzliche Grüße und eine besinnliche Adventszeit
Euer Christoph Bratmann